So erzeugst du noch mehr Wirkung durch den Einsatz von Karten
Christine | VISION SESSION | Die Vision führt uns an! - Der Podcast für visionäre Team- und Organisationsentwicklung
So häufig erlebe ich, dass Coaching Karten in der Teamentwicklung nur genutzt werden, um Einstiegsrunden zu gestalten.
Wenn du Karten in deiner Praxis einsetzt und du diese Karten bisher nur für das Einchecken oder vielleicht noch für das Auschecken in deinen Sessions verwendet hast, dann verschenkst du (noch) das wertvolle Potenzial von Coaching Karten – so viel sei schonmal verraten.
Denn mit dem Einsatz von Coaching Karten können wir tatsächlich ganze Sitzungen füllen. Was wir mit dem Einsatz von Karten in der Teamentwicklung so alles machen können, davon mag ich dir heute einmal ein bisschen mehr erzählen.
Okay, ich würde sagen, wir steigen ein in die neue Folge hier im Podcast Die Vision führt uns an!
Was sind Coaching Karten?
Coaching Karten sind ein Tool, das wir in der Teamentwicklung, im Coaching oder auch in der Supervision nutzen können, um die Teilnehmenden darin zu unterstützen, ihre Gefühle und Gedanken zu reflektieren. In der Teamentwicklung eignen sich Coaching Karten auch, um gemeinsam im Team Herausforderungen zu reflektieren, um Lösungen zu kreieren, um Konflikte zu erarbeiten, aber auch um die jeweilige Sitzung oder einen gemeinsamen Prozess zu reflektieren. Wir können mit den Karten daher auch ganze Sitzungen füllen.
Wir können die Karten in Coaching- und Beratungssitzungen sehr gut für den Einstieg nutzen. So werden sie ganz sicher auch von vielen Coaches und Berater:innen eingesetzt und ich kann mir vorstellen, dass du die Karten in der Regel auch so in deiner Praxis verwendest.
Ganz ehrlich: Ich nutze viele der Karten auch für Einstiegsrunden. Also, ich will damit jetzt nicht sagen, dass das irgendwie Firlefanz ist oder so, sondern eher sanft darauf hinweisen, dass es noch viel mehr Wege für dein Einsatz der Karten gibt.
Coaching Karten gibt es außerdem auch in verschiedenen Größen. Recht häufig erlebe ich, dass sogenannte Handkarten für den Einstieg genutzt werden, also Karten, auf denen wir Bilder, Fragen oder Symbole finden, mit denen die Teilnehmer:innen ihre Gefühle oder Gedanken beschreiben können. Es gibt aber auch Coaching Karten, die so groß sind, dass sie gut auf dem Boden ausgelegt werden können. Das sind Planen in DIN A2, DINA 0 oder in einem noch größeren Format, auf denen beispielsweise Landschaften mit und ohne Begriffe abgebildet sind.
Falls du noch nicht so eine große Karte besitzt und sie daher noch nicht bei dir im Einsatz war, lass dich jetzt einmal ein bisschen inspirieren.
Aufstellung mit Coaching Karten in der Teamentwicklung
Eine wunderbare Möglichkeit besteht darin, große Coaching Karten mit der systemischen Aufstellungsarbeit zu kombinieren. Damit mache ich schon wieder das nächste Fass auf: Was ist die systemische Aufstellungsarbeit?
Die systemische Aufstellungsarbeit ist eine Methode, die wir in der Teamentwicklung nutzen können, um Dynamiken und Muster im Team für die Anwesenden sichtbar zu machen und natürlich auch, um Lösungen zu erarbeiten. Dazu stellen sich die Teilnehmenden für gewöhnlich im Raum auf, sodass beispielsweise auch Beziehungen sichtbar gemacht werden.
Eine besondere Form der systemischen Aufstellungsarbeit ist die Verwendung eines sogenannten Systembretts. Das Systembrett ist häufig ein Holzbrett, auf dem Figuren gestellt werden, um die Beziehungen der Team-Mitglieder zu visualisieren. Wir können auch mit dem Systembrett an Lösungen arbeiten oder aktuelle Herausforderungen im Team reflektieren.
Aber es gibt auch Unterschiede, die zu beachten sind.
Wenn wir die Team-Mitglieder bei einer klassischen Aufstellung dazu einladen, sich im Raum zueinander zu positionieren, kann es auch schon einmal emotional werden. Das hat vor allem damit zu tun, dass die Teilnehmenden auch körperlich involviert sind und in einer Aufstellung die aktuellen Team-Muster spürbar und erlebbar werden.
Die Kollegin, die in der Aufstellung am Rand steht, spürt natürlich körperlich sehr genau, was es heißt, wenn alle anderen Team-Mitglieder ihr den Rücken zuwenden. Ich glaube, es wird deutlich, welche Emotionen solch eine Aufstellung hervorrufen kann. Das bedeutet auch, dass wir als Berater:innen wissen müssen, wie wir mit solchen Situationen umgehen können, um die Teilnehmenden aufzufangen. Also: Es macht schon Sinn, dass wir uns in diesem Feld gut ausbilden lassen und nicht einfach nur nach Bauchgefühl im Rahmen einer systemischen Aufstellung agieren.
Bei dem Systembrett wiederum stehen die Teilnehmer nicht selbst, sondern sie nutzen Figuren, um ihr System und ihre Dynamiken auf einem Holzbrett zu visualisieren. Dadurch haben sie viel mehr die Möglichkeit, Beobachter ihres Systems zu werden und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Dadurch, dass sie nicht körperlich involviert sind, ist die Arbeit mit dem Systembrett nicht so emotional wie die herkömmliche Aufstellungsarbeit. Das Vorgehen ist kognitiver und reflexiver. Das macht es auch für uns in der Praxis einfacher, diese Form der Aufstellung beispielweise auch in der Teamentwicklung zu integrieren.
Jetzt kommen wir aber mal zu den Coaching Karten: Eine Karte im DIN A2 oder DIN A0-Format kannst du in der Teamentwicklung wie ein Systembrett einsetzen.
Nur dass der Untergrund nicht einfach eine Holzplatte ist, sondern eine ganze Landschaft, die im Rahmen der Aufstellung dann auch noch wirksam wird.
Wie das genau aussehen kann, mag ich dir einmal mit einem kleinen Fallbeispiel verdeutlichen.
Fallbeispiel: Einsatz von Coaching Karten in der Teamentwicklung
Um die interne Kommunikation sollte es in einem Team gehen, das ich vor einiger Zeit begleiten durfte. Die Team-Mitglieder hatten den Eindruck, fast jeden Arbeitsschritt neu verhandeln zu müssen.„Auch Zuständigkeiten und Rollen sind bei uns nicht klar“, lautete der O-Ton.
Wir stiegen ein mit einer Coaching Karte und zwar mit der Seekarte der Befindlichkeiten von Caochingcard by Niko. Ich breitete die Karte in der Mitte des Raumes aus und lud die Teilnehmer dazu ein, sich eine Playmobil-Figur zu schnappen und diese auf der Karte zu platzieren. „Schauen Sie einmal, wo auf der Karte ist Ihr Platz im Team?“. So lautete die Eingangsfrage.
Die Anwesenden legten los. Die Playmobil-Figuren wurden inspiziert, die Karte ausführlich betrachtet.
Der erste kniete sich direkt auf den rauen Brandschutzteppich, um die Karte noch genauer studieren zu können. Der Nächste tat es ihm gleich. Rauer Brandschutzteppich? Egal! Die Karte wurde zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit auserkoren.
Und so begann ein buntes Treiben, bis alle ihren Platz fanden.
Wir schnappten uns unsere Stühle, setzten uns um die Karte herum und begutachteten das neu entstandene Bild. Manche der Team-Mitglieder hatten sich auf dem Kletterfelsen positioniert, einer war im Rettungsboot, jemand anderes stand im Sumpf. Besonders spannend war jedoch die Position von Frau Schneider, der Teamleiterin. Sie stand am Heimathafen und blickte hinaus aufs Meer.
Kleiner Theorie-Einschub: Auf der Karte werden selbstverständlich die Elemente der systemischen Aufstellungsarbeit sichtbar. Die Figuren der Team-Mitglieder schauten sich nicht an. Sie zeigten keinen Bezug zueinander. Frau Schneiders Figur schaute sogar „raus aus dem System“. Von der Aufstellungsarbeit wissen wir, dass dies immer ein Indiz dafür ist, dass jemand das System verlassen will oder bereits im Inbegriff ist zu gehen.
Okay…zurück zur Fallgeschichte.
Zuerst bat ich das Team einmal zu beschreiben, was sie auf der Karte sehen konnten. „Na, jeder ist hier mit sich selbst beschäftigt. Der eine auf dem Kletterfelsen, der nächste im Sumpf.“
„Was genau bedeutet der Sumpf?“, horchte ich nach. „Ich gehe in Arbeit unter. Ganz ehrlich. Es ist viel zu viel. Und je mehr ich strample, desto schwieriger wird die Lage für mich.“, antwortete ein Teilnehmer. „Mir geht es auf dem Kletterfelsen ähnlich. Es ist jeden Tag total sportlich und herausfordernd. Ich kann jeder Zeit abrutschen.“
„Frau Schneider, wohin schauen Sie eigentlich?“, wollte ich wissen. „Sie blicken ja hinaus aufs Meer, oder?“. Frau Schneider musste sich kurz sammeln, dann antwortete sie: „Ja, ich sehne mich nach einer einsamen Insel. Ich habe das Bedürfnis nach Urlaub.“
„Und Ihre Mannschaft? Nehmen Sie Ihre Kollegen in Ihrem Rücken wahr?“ Sie schluckte kurz und sagte dann: „Ehrlich gesagt, habe ich dafür keine Kraft mehr.“
Um jetzt noch einmal auf die Meta-Ebene zu switchen: So schnell wären wir ohne den Einsatz der Karte nicht beim Thema gewesen. Mithilfe der Karte wurde sichtbar, dass es im Team nicht einfach nur um Zuständigkeiten, Rollen und Kommunikation ging, sondern sehr viel mehr um Ressourcen.
Die Teamleitung hatte keine Kraft. Sie konnte ihre Rolle nicht ausfüllen. Die Teamleitungsrolle war sozusagen vakant. Die anderen Team-Mitglieder gingen in Arbeit unter, ohne sich ausgiebig koordinieren zu können. Kaum auszudenken, wie lange wir ohne die Karte gebraucht hätten, um beim Kern der Sache anzukommen.
Aber woran liegt es, dass wir mit der Karte so schnell zum eigentlichen Thema vordringen?
Nun, die Karte bietet die Möglichkeit, verschiedene Beratungselemente miteinander zu verbinden. Die Aufstellungsarbeit ist ein Faktor, die Konkretisierung des Themas durch Metaphern („In die Ferne schauen“ - „Im Sumpf von Arbeit untergehen“) eine anderer. Die Kombination aus Aufstellung, Metaphern und Narration entfaltet diese wundersame Kraft.
Deswegen ist der Gebrauch von Coaching Karten in der Teamentwicklung auch nicht einfach nur Chichi und ein Nice-to-have, sondern ein ganz wertvolles und überaus wichtiges Tool, das die Wirkung eines Teamentwicklungsprozesses mächtig unterstützt.
Gut, gut…Wie haben wir im Team jetzt weitergearbeitet?
Wir sind in zwei Schritten vorgegangen.
Weil es um das Thema Ressourcen ging, bat ich die Team-Mitglieder darum, Figuren und Gegenstände auszuwählen, die Ressourcen im Team repräsentieren und diese ebenfalls auf der Karte zu platzieren. Gewählt wurden Steine und kleine Tierfiguren, die auf der Karte auf den Aussichtspunkt und auf den Ferienhof gelegt wurden.
Der Aussichtspunkt stand für Team-Meetings und Planungsgespräche, die in den letzten Monaten wohl in Vergessenheit geraten waren, aber davor zur Praxis gehörten. Der Ferienhof für Zeiten, die weniger stressig waren und in denen das Arbeiten im Team richtig viel Spaß machte. Auch diese Zeiten gab es.
Durch diese Ressourcensammlung entwickelte das Team erste Lösungen für die Weiterarbeit (wieder mehr Team-Meetings und Planungsgespräche im Team nutzen) und erinnerte sich daran, dass auch ruhigere Zeiten zur Arbeit dazugehören.
In einem zweiten Schritt bat ich das Team ein Lösungsbild zu stellen. Wie würden die Team-Mitglieder zueinanderstehen, wenn die aktuelle Herausforderung gelöst wäre?
Die ersten stellten sich direkt auf den Aussichtspunkt und machten damit aufmerksam, dass regelmäßige Meetings und Planungen für die Koordination jetzt wieder genutzt werden sollten.
Es entstand ein bewegtes Bild. Die Figuren liefen vom Aussichtspunkt über den Landweg hin zum Eiswagen. „Früher haben wir viel häufiger in der Teeküche beieinandergesessen.“,war die Aussage. Im Lösungsbild trafen sich die Team-Mitglieder zwanglos am Eiswagen aka Teeküche, um sich informell auszutauschen und miteinander zu plaudern.
Und Frau Schneider, die Teamleitung?
Nun, natürlich können wir mit einer Coaching Karte keine Kraftreserven auftanken. Dafür können wir aber darüber sprechen, wie diese Reserven wieder aufgefüllt werden können.
Frau Schneider platzierte sich auf dem Traumschiff 🛳️ Sie hatte jetzt über ein Jahr keinen Urlaub genommen. Eine längere Auszeit gehörte daher zu ihrem Lösungsbild dazu. Wie sich das Team in der Auszeit von Frau Schneider organisieren wollte, machten wir zum Thema der nächsten Sitzung. In der kommenden Sitzung arbeiteten wir daher mit einer anderen Karte...
…aber das ist eine andere Geschichte!
Was ich dir heute mitgeben mag, ist: Coaching Karten sind für unsere Teamentwicklungsprozesse überaus wertvoll. Sie schaffen Mehrwert und verstärken die Wirkung unserer Beratung. Durch die Kombination aus Aufstellungsarbeit und Metaphern sind wir ruckzuck beim eigentlichen Thema und ebenso schnell bei der Erarbeitung von Lösungen.
Was bringen die Coaching Karten in der Teamentwicklung noch?
Okay, das war jetzt natürlich nur ein Beispiel. Coaching Karten leisten für die Teamentwicklung natürlich noch viel mehr. Hier sind ein paar Beispiele:
- Coaching Karten kombinieren: Wir können die Karten auch miteinander kombinieren, sodass eine eigene Story Line in der Teamentwicklung entsteht. Das Team war gerade noch auf einem Teamschiff auf einer Karte und auf der nächsten Karte gehen alle an Land und besteigen einen Berg. Das hat ordentlich Wirkung.
- Auflockernd: Natürlich sind solche Methoden auflockernd in der Teamentwicklung. Sie machen Freude und unterstützen Team-Mitglieder auch darin, schwierige Themen und das Unaussprechliche zu thematisieren.
- Keine langen Vorbereitungen: Was ich bei der Nutzung der Karten aber auch klasse finde, ist, dass wir als Coaches jederzeit richtig gut vorbereitet sind. Wie in diesem Fallbeispiel: Die Karte und die Figuren hatte ich eh dabei. Wir konnten damit locker drei Stunden arbeiten. Manchmal überlege ich mir an einem Tag vor einem Teamcoaching auch nur, welche Karten ich mitnehme und fertig.
- Doppelte Karten nutzen: Manche der Karten habe ich doppelt und nutze sie dann auch in zweifacher Ausführung im Team. Etwa, kann ich auf der einen Karte die Team-Mitglieder darum bitten, ihren Status-quo aufzustellen und auf der zweiten Karte bitte ich sie, ein Lösungsbild zu stellen. Das hat auch noch einmal eine so intensive Wirkung, weil Ausgangslage und Lösungsbild dann nebeneinanderstehen und genauer reflektiert werden kann, was das Team benötigt, um das Lösungsbild zu erreichen.
Du siehst also, die Karten lassen sich für viele verschiedene Zwecke und Zielrichtungen verwenden und vielleicht hast du dir ja jetzt auch schon ein paar Impulse bis hierher pflücken können.
Ich mag dir auf jeden Fall Mut machen, in der Teamentwicklung spielerisch vorzugehen und dich auch mal mit einer Coaching Karte auszuprobieren.
Ich wünsche dir viel Freude dabei!
Bis zum nächsten Mal.
Deine Christine
Hi, ich bin Christine Neumann
systemische Supervisorin und Coachin, Host des Podcasts Die Vision führt uns an!, leidenschaftliche Visionärin und New Workerin. In den sozialen Medien findest du mich bei instagram: @visionscoachin und facebook: @visionscoachin
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