Diese 1 Frage macht den Unterschied
Christine | VISION SESSION | Die Vision führt uns an! - Der Podcast für visionäre Team- und Organisationsentwicklung
Wenn du mit Teams an deren Ausrichtung arbeitest, an einem Leitbild oder an neuen Formen der Zusammenarbeit, wirst du an den Begriffen Mission und Purpose nicht vorbeikommen.
Heute schauen wir daher einmal darauf, wie du diese unterschiedlichen Konzepte in der Team- und Organisationsentwicklung nutzen kannst. Und wie du mit nur einer Frage den entscheidenden Unterschied machst.
Und falls du dich fragen solltest, warum Purpose überhaupt Sinn machen sollte: Auch dieser Frage wollen wir hier nachgehen.
Also, lass uns einmal näher reinschauen...
Vision, Mission und Purpose?
Zugegeben, es kann schon etwas verwirrend sein. Im Kontext der Team- und Organisationsentwicklung werden die Schlagworte Vision, Mission und Purpose gerne und häufig genutzt. Und dabei ist eine genaue Abgrenzung der Begriffe nicht immer vorhanden. Für die Gestaltung gelingender Veränderungsprozesse ist eine saubere Differenzierung jedoch unerlässlich. Darum lass uns erst einmal schauen, wie sich die Begriffe voneinander unterscheiden.
Vision
Visionen beschreiben positive Zukunftsbilder und formulieren, wo sich ein Team mit dem Unternehmen in ca. 5 Jahren sieht. Die Vision hat eine klare Zukunftsausrichtung. Sie fragt danach, wer man werden will. In welche Zukunft man hineinwachsen möchte. Mit der Vision schauen wir nach vorne.
Das Arbeiten mit Visionen hat viele Vorteile. Visionen erzeugen u.a. positive Emotionen bei Mitarbeitenden. Dadurch lassen sich auch tiefe Transformationsprozesse besser gestalten. Es gibt daher gute Gründe in Veränderungsprozessen mit der Arbeit an Visionen einzusteigen.
Mission
Bei der Mission handelt es sich um den Auftrag, den ein Unternehmen erfüllt. Auf Teams übertragen ist damit auch der Auftrag gemeint, der mit der Arbeitsleistung ausgeführt wird. Im Rahmen der Mission geht es um den Unternehmenszweck. Im Zentrum steht die Frage: Warum machen wir das, was wir machen? Das sogenannte Why wird hier thematisiert. Anders als die Vision, ist die Mission gegenwartsbezogen.
Purpose
Mission und Purpose wirken eigentlich sehr deckungsgleich. Denn auch beim Purpose geht es um den Auftrag und um den sogenannten Unternehmenszweck. Auch der Purpose ist gegenwartsbezogen. Einen klitzekleinen Unterschied gibt es allerdings dann doch. Purpose wird im Kontext der Team- und Organisationsentwicklung auch gerne mit dem Begriff Sinn übersetzt. Es geht daher beim Purpose nicht nur um die Ausführung eines Auftrages und der Erfüllung eines Zwecks, sondern vor allem um ein Sinnempfinden beim Ausüben der Tätigkeit.
Um dem Purpose in Teams und Unternehmen näher zu kommen, fragen wir nicht mehr nach dem Warum. Wir fragen stattdessen nach dem Wofür. Und gerne noch konkreter: Für wen und für was sind wir hier in der Welt? Das hört sich ein bisschen philosophisch an. Aber: Diese eine Frage macht den entscheidenden Unterschied zum klassischen Why.
Zum Thema Purpose gibt es ein schönes Zitat von Jo Aschenbrenner. Sie schreibt: "Sinn steht für das weitgehendste kreative Potenzial, welches das Unternehmen nachhaltig auf der Welt ausdrücken kann." (Aschenbrenner 2019 S. 6)
Es wird also groß gedacht. Die Wirkung in der Welt wird beim Purpose bewusst berücksichtigt.
Wann macht Arbeit Sinn?
Zur Erzeugung von Purpose benötigen wir 2 wichtige Komponenten. Wir benötigen ein Gegenüber, an dem wir unsere Arbeit ausrichten können. Und wir benötigen Mitarbeiter*innen, die intrinsisch motiviert sind, dem Unternehmenssinn zu folgen.
Sinn entsteht durch ein Gegenüber
Damit ein Sinnempfinden bei der Ausübung einer Tätigkeit entstehen kann, braucht es ein Gegenüber. Torsten Scheller hat dazu in seinem Buch "Auf dem Weg zur agilen Organisation" geschrieben, dass Sinn nur in Bezug auf andere Menschen denkbar sei (vgl. Scheller 2017, S. 112). Nur in Bezug auf andere, erscheint unser Handeln in Organisationen also sinnvoll.
Das bedeutet jedoch nicht, dass sich das Wofür direkt auf den Menschen beziehen muss. Das Wofür kann auch eine indirekte Wirkung für den Menschen beschreiben. Gesellschaftliche Themen, wie Gleichstellung und Teilhabe, sind ebenso prädestiniert dafür Sinn zu erzeugen, wie die Themen Nachhaltigkeit und Umwelt.
Wichtig ist nur, dass es um einen Nutzen für andere oder - groß gedacht - für die Welt geht. Darin schwingt auch immer so etwas wie Verantwortung mit. Eine Verantwortung für die Außenwelt zu tragen und dieser Verantwortung als Unternehmen nachzukommen.
Intrinsisch motivierte Mitarbeiter*innen
Mit dieser Sinnausrichtung in Unternehmen lässt sich ein perfect fit erzeugen. Nämlich genau dann, wenn Menschen für diesen Sinn ganz persönlich antreten. Wenn sich Mitarbeiter*innen in einem Unternehmen wiederfinden, die intrinsisch motiviert sind, dem Unternehmenssinn zu folgen. Die von sich aus dafür einstehen und sich dazu hingezogen fühlen, Nachhaltigkeit zu schaffen, Bildungsgerechtigkeit zu ermöglichen, oder ähnliches.
Dann besteht die Möglichkeit, dass sich der Unternehmenszweck mit dem intrinsisch empfundenen Daseinszweck des Mitarbeitenden überlappt. So dass Mitarbeiter*innen sagen können: Meine Arbeit macht für mich Sinn!
Wenn das passiert, sprechen wir von Purpose!
Mission vs. Purpose
Die Frage nach dem Purpose - Für wen und für was sind wir hier in der Welt? - kann für Teams und Führungskräfte gleichermaßen ungewöhnlich sein. Denn sind wir mal ehrlich, es ist tatsächlich eine tiefgründige Frage.
Sehr viel häufiger wird in Unternehmen daher lediglich die Mission formuliert. Bei der Frage nach dem Why muss die Wirkung für die Welt nicht gleich mitgedacht werden. Wenn wir also nach dem Warum fragen, dann können wir auch die Antwort erhalten, dass sich der Daseinszweck des Unternehmens tatsächlich nur auf das Unternehmen selbst bezieht. Es macht dann all seine Anstrengungen, um weiterhin existieren zu können.
Dies zeigt sich besonders in typischen Formulierungen, wie: Wir tun, was wir tun, um der Größte am Markt zu sein. Um der größte Arbeitgeber der Region zu sein. Um den größten Marktanteil zu haben. Ganz häufig geht es in der Mission um die bekannten Superlativen: Höher, schneller, weiter.
Manchmal zeigt sich in der Mission jedoch auch eine scheinbare Außenperspektive. Zum Beispiel wenn gesagt wird: Unser Auftrag ist es, dem Kunden die bestmögliche Dienstleistung anzubieten. Das ist eine interessante Formulierung. Denn scheinbar ist der Kunde hier ja mitgedacht.
Doch bei genauerem Hinsehen können wir uns hier fragen, wem diese bestmögliche Dienstleistung denn nun dienlich sein soll. Dem Kunden? Oder dem Unternehmen selbst? Hier zeigt sich noch kein Purpose. Denn uns wird nicht verraten, welche Wirkung diese bestmögliche Dienstleistung für die Welt hat. Der Impact für die Welt ist nicht klar.
Genauso finden wie diese scheinbare Außenperspektive in Sätzen, wie: Wir bieten die größtmögliche Vielfalt an Produkten für unsere Kunden. Oder: Wir bieten passgenaue Lösungen für unsere Kunden. Auch hier können wir uns erneut fragen: Welche Wirkung haben diese vielfältigen Produkte und passgenaue Lösungen für die Welt? In der Mission ist das nicht klar. Und das unterscheidet sie vom Purpose.
Und so kommt es auch eher selten zu einem Sinnempfinden. Mitarbeiter*innen ist es häufig nicht so wichtig, dass der Arbeitgeber der Größte am Markt ist, den größten Marktanteil besitzt oder die größte Vielfalt an Produkten zu bieten hat. Das ist ein nice-to-have. In der Regel stehen Mitarbeiter*innen dafür morgens aber nicht auf. Und es macht ihre Tätigkeit auch nicht sinnvoller.
Warum überhaupt Purpose?
Wir können uns berechtigterweise nun auch Fragen, warum und wofür Purpose überhaupt sinnvoll sein soll. Reicht es nicht, mit Teams und Führungskräften eine Mission zu formulieren?
Um dies zu klären lohnt sich in Blick auf unsere heutige Arbeitswelt. Und ein Blick auf die Herausforderungen und Schwierigkeiten, die uns dort begegnen. Fehlender Sinn, so zeigt sich hier, kann uns Menschen krank machen. Beschäftigungen und Tätigkeiten, die als sinnlos empfunden werden, haben einen negativen Einfluss auf uns und unser Wohlergehen.
Der Mensch neigt dazu, sich ein Sinngefüge zu konstruieren. Um sich die Welt zu erklären und seine Rolle in der Welt zu definieren. Diese Sinnsuche ist ein urnatürliches psychologisches Bedürfnis des Menschen.
Markus Väth schreibt dazu in seinem Buch "Arbeit - Die schönste Nebensache der Welt": "So wenig der Mensch die (unbewusste) Sinnfrage in seinem Leben ignorieren kann, so wenig kann er sie in seiner Arbeit ignorieren." (Väth 2016, S. 76)
Wir können die Frage nach dem Sinn nicht in unserer Arbeit ignorieren, weil wir in unseren Arbeitskontexten nicht aufhören Mensch zu sein. Weil wir unsere Werte, unsere Wünsche und Bedürfnisse nicht an der Garderobe im Eingangsbereich des Unternehmens abgeben. Nein, wir tragen sie weiter mit und streben weiter danach, dass auch unsere Arbeit von Sinn erfüllt ist.
Dieser Gedanke, die menschlichen Bedürfnisse in den Mittelpunkt der Arbeit zu rücken, ist das Anliegen von Konzepten Neuer Arbeit. Purpose ist ein klassisches Themenfeld von New Work.
Hierbei zeigt sich schlussendlich auch, wie wir uns selbst als Coach*innen und Berater*innen positionieren wollen. Ob uns selbst Konzepte Neuer Arbeit wichtig sind. Ob es auch uns darum geht, neue Formen der Zusammenarbeit in Teams und Unternehmen zu schaffen. Ob wir die menschlichen Bedürfnisse in unsere Prozesse hineinholen und ins Zentrum rücken wollen.
Schlussendlich müssen wir auch selbst entscheiden, wofür wir einstehen. Welchen Impact wir quasi selbst für die Welt schaffen. Erst dann können wir auch entscheiden, ob wir nach der Herausarbeitung einer Mission überhaupt noch weiterfragen wollen. Ob die Herausarbeitung des Purpose zu unserem Selbstverständnis passt und uns selbst sinnvoll erscheint.
Vision, Mission und Purpose in der Teamentwicklung
Im Kontext der Team- und Organisationsentwicklung kann es hilfreich sein, den Purpose über die Stationen Vision und Mission zu erarbeiten. Gerade weil die Frage nach dem Sinn eine eher tiefgründigere ist, kann es vorteilhaft sein, sich in der Teamentwicklung langsam an den Purpose heranzuarbeiten.
Alle drei Konzepte Vision, Mission und Purpose lassen sich wunderbar im Rahmen eines Teamtages oder Teamworkshops erarbeiten. Die Themen reichen hierbei von der Erarbeitung einer neuen Ausrichtung, eines gemeinsamen Verständnisses oder neuer Formen der Zusammenarbeit. In langfristigen Prozessen kann der Purpose immer mal wieder aktualisiert werden und einen großen Nutzen für eine sinnorientierte Teamentwicklung haben.
1. Die Vision erschaffen
Im ersten Schritt können wir danach fragen, wo sich das Team mit dem Unternehmen in ca. 5 Jahren sieht. Wir holen hierbei bewusst die Zukunftsperspektive hinein. Hierfür kannst du verschiedene Techniken nutzen, wie beispielsweise den Zukunftssprung, von dem ich hier schon häufiger berichtet habe.
2. Die Mission formulieren
In einem zweiten Schritt können wir dann das Team darin unterstützen, die Mission zu formulieren. Hierzu eignet sich die Frage: "Warum tun wir, was wir tun?" Diese Frage kannst du zum Beispiel in einer Plenumsphase nutzen und gemeinsam mit dem Team Ergebnisse sammeln. Interessant ist hier: Wenn bei dieser Frage bereits die Wirkung für die Welt mit kommuniziert wird, dann ist dies ein Indiz dafür, dass bereits ein Purpose vorhanden ist.
Und wenn Mitarbeitende bei der Beantwortung der Frage lediglich den Nutzen für das eigene Unternehmen formulieren - und diese Formulierungen Superlativen, wie "größer, die meisten, die besten..." enthält - dann sind wir ganz klar bei der Mission. Dann könnte es für das Team ein echter Lernschritt sein, nun auch noch einen Purpose herauszuarbeiten.
3. Den Purpose herausarbeiten
In einem dritten Schritt können wir uns dann der Frage annähern: "Für wen und für was sind wir (das Unternehmen) hier in der Welt?" Es lohnt sich diese Frage an dritter Stelle zu setzen. Bis hierher haben Teams und Führungskräfte bereits eine Vision erschaffen und ihre Mission formuliert. Der Purpose erscheint hier wie das I-Tüpfelchen des Prozesses.
Für diese Reise von der Vision, über die Mission bis hin zum Purpose, ist es hilfreich, die einzelnen Formulierungen und positiven Zukunftsbilder schriftlich festzuhalten. Gerade dann, wenn es gelingt, den Purpose zu formulieren, kann zum Ende des Prozesses wieder auf den Anfang zurückgeschaut werden. Wie wurde die Vision beschrieben? Ist hier der Purpose bereits enthalten? Oder könnte wohl noch einmal nachgebessert werden? Denn - so viel ist klar - eine sinnorientierte Vision hat gleich doppelt so viel Kraft!
Zum Schluss
Zum Schluss mag ich dich herzlich dazu einladen, die Frage "Für wen und für was sind wir hier in der Welt?" in deiner Arbeit mit Teams und Führungskräften auszuprobieren. Zugegeben, es ist eine sehr große Frage. Aber es ist sehr gewinnbringend, Teams darin zu unterstützen, eine Antwort darauf zu finden.
Aber nicht nur in Teams ist diese Frage relevant. Für wen und für was bin ich hier in der Welt? kann auch ebenso eine sehr persönliche Frage sein. Und damit nähern wir uns dem persönlich erlebten Sinn und dem Konzept der Berufung. Denn auch dieses Thema kann uns begegnen. Zum Beispiel in der Einzelberatung oder im Coaching.
Zum Thema Berufung habe ich in der nächsten Folge wieder einmal einen Interviewgast in der Show. Gemeinsam mit Jona Armborst werden wir der Frage nachgehen, ob es sowas wie Berufung überhaupt gibt und wie du das Thema in deinem Coaching einbinden kannst.
Ich freue mich auf das nächste Mal und wünsche dir bis dahin eine gute Zeit!
Literatur
Aschenbrenner, J. (2019): For Purpose - Ein neues Betriebssystem für Unternehmen. München: Franz Vahlen.
Scheller, T. (2017): Auf dem Weg zur agilen Organisation. München: Franz Vahlen.
Väth, M. (2016): Arbeit - Die schönste Nebensache der Welt. Wie New Work unsere Arbeitswelt revolutioniert. Offenbach: Gabal Verlag.
Hi, ich bin Christine Neumann
systemische Supervisorin und Coachin, Host des Podcasts Die Vision führt uns an!, leidenschaftliche Visionärin und New Workerin. In den sozialen Medien findest du mich bei instagram: @visionscoachin und facebook: @visionscoachin
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